Vor einem dreiviertel Jahr habe ich schon einen Text geschrieben zur Kritik der (Repro) Selbstfürsorge. Manches wiederholt sich sicherlich, manches ist auch neu. Aber ich habe schon damals darüber geschrieben, dass es um Kontrolle, Selbstzwang und Disziplinierung geht. Um Funktionsfähigkeit und Individualisierungen. Diesmal geht es nochmal näher um eine Problematisierung von „Fürsorge“, um einen normativen Gesundheitsdiskurs und eine schärfere Kritik an allem was „Selbstfürsorge und_vs_oder Aktivismus“ heißt. Es tauchen vermehrt Texte auf deutschsprachigen Blogs auf, die sich mit Krisen beschäftigen. Leider bedienen diese fast durchweg psychologisierende und pathologisierende Begrifflichkeiten. Selbstfürsorge macht da keine Ausnahme. Der Ursprung in christlichen Herrschaftspraxen fällt meist unter den Tisch, die gewaltvollen Zusammenhänge von Begriffen und Praxen, besonders mit der Psychiatrie, werden verharmlost. Ich möchte keine persönlich angreifen, die bestimmte Praxen fürs sich nutzt. Ich möchte mich selbst auch nicht von dem hier kritisierten ausnehmen, nur falls da eine drauf kommt. Es geht mir darum, Strukturen aufzuzeigen und feministische Praxis herrschaftlichen Praxen entgegenzusetzen, statt diese zu bedienen. Einige Gedankenfetzen aus meinen aktuellen Radikalisierungsprozessen. Weiterlesen
Archiv für die Autorin: Steinmädchen
Ge-störte Identitäten
Ich bin nicht gut in dieser Identitätsgeschichte. Was ist das schon, Identität. Stabil? Dekonstruiert? Im Fluss? Ich beziehe mich viel auf Kleidung. Greifbar und so. Ein Thema, das für mich immer eine Rolle spielte. Nicht gerade freiwillig. Das ist auch Thema. Und die Frage nach dem Ausschnitt. Und der „Identitätsstörung“. Erste Gedankensprünge verschriftlicht. Weiterlesen
sprachlospuzzel
ich greife nach den worten, kann sie nicht finden.
ich greife nach dem sinn, aber kann nicht verstehen.
versuche die brücke wieder zu finden zur welt.
ich bin nicht traurig.
ich bin ruhig.
so ruhig wie ein hardcore konzert.
ich habe angst.
ich suche nach sprache und kann sie nicht finden.
habe angst vor der wortlosigkeit.
angst das nur
nur scharfes messer auf haut
nur essen körper fressen hungern kotzen
wieder die einzige
sprache wird
in der ich sprechen kann
tränen kommen auch.
einfach und immer.
ich stehe auf und gehe raus
ich lebe ich arbeite ich lache
bin gern.
aber in mir zerfetzt
bruchstücke
schmerzender leib
ein feuer brennt alles nieder
jeden einzelnen nerv
bis alles versengt ist
keine gefühle kommen mehr an
nichts mehr weitergeben
nur
wenn es dieser schmerz ist
der ohnmächtig werden lässt
ich greife nach worten
und kann sie nicht finden
abgetrennt
abgespalten
und welche realität
gibt denn nun den halt
ist das was wortlos ist
real
Sommer. Oberschenkel. Aua.
Viele tragen Kleider im Sommer (ich hab mir sagen lassen bei Hosen ist das wohl auch nicht selten) und die Beine berühren sich und dann frag ich mich, warum die einfach so normal weitergehen, während ich mir vor Schmerz auf die Zunge beiße. Niemand spricht darüber! Und dabei könnte es doch wirklich mal Thema sein. Ich dachte schon, mein Körper ist komisch, dabei dürfte doch immer wenn Reibung zwischen Oberschenkeln entsteht, eine Gestern habe ich auf einer Party dann mal zwei Freundinnen angesprochen und gefragt: Alta, ist das bei euch nicht so? Und was zum Teufel TUT IHR DAGEGEN? Und dann kam raus: Die haben das Problem auch. Ich bin gar nicht komisch. Aber beim was dagegen tun kamen wir nicht so weit, außer Hot Pants und Leggins, und erstere gibt es selten in Größen. Da hatten wir nun endlich über dieses Problem gesprochen, und nun? Weiterlesen
liebesdinge oder hassgedicht die erste
ach wie liebe ich den alltag
das leben
die blumen und die wiesen und die bäume
den sonnenschein
und bei regen in die pfützen springen
menschenlachen
rewind
zeitlupe und zoom
als meine verwandte meine figur kommentiert
als ein typ mir über die wange streichelt
– aus zuneigung, versteht sich-
als ich den mund öffne
um zu protestieren
ein freund fragt mich warum ich mich denn so aufrege
ob ich mal vergewaltigt worden wäre
ach wie liebe ich den alltag
in der schreinerei
die kreissäge
hobel und zwingen
und vor allem
die kettensäge
habe ich ins herz geschlossen
inside outside. über innen- und außenwahrnehmung von essstörungen in feministischen diskursen.
es gibt nicht DEN feminismus. ich richte mich hier auch nicht an einzelpersonen. es geht um allgemeine tendenzen, um ein thema, wie es mir on- und offline begegnet. und darum, wie ich das empfinde.
dieser text enthält explizite schilderungen von bulimie + magersucht.
schützende schubladen
vor kurzem habe ich herausgefunden: ich gehöre einer gruppe an.
einer gruppe, die gemeinhin als essgestört bezeichnet wird und/oder sich selbst so bezeichnet.
einer gruppe, die, von einigen, als nicht ableisiert gelesen wird.
das hat erst einmal etwas beschütztes. Weiterlesen
gewisse feministische strömung ftw!
ich hatte heute einen gar nicht so easy-tag und zeit und überhaupt, aber dann hat mich eine debatte erheitert. das ist jetzt hier keine ausführliche recherchesammlung sondern subjektive highlights. ein kurzer einblick für menschen ohne twitteraccount. (aber nein, es ist nicht immer so spaßig. nur heute. 🙂 ) weil mir da immer das herz aufgeht ob dieser vielen feministin_nen mit den wunderschönen kurzkommentaren, die teil einer gewissen theoretischen strömung sind. aber lest selbst.
ach ja, um diesen artikel ging es. müsst ihr aber nicht lesen. lohnt nicht.
ein typ, der erklärt, was feminismus muss. hurks @diestandardat
— proletin (@proletin) 23. Mai 2013
Nix mehr mit Maßen
Neulich saß ich wieder mit Freundinnen zusammen und das Thema Schokolade und Diäten kam auf. Ich habe sofort versucht zu intervenieren. Keine Diätgespräche in meiner Gegenwart. Dieses ganze Ding mit „aber ich mache das doch für mich damit ich mich wohler fühle“ stößt mir auf. Ich habe das doch nicht gemacht damit ich mit wohler fühle. Sondern damit andere mich anders behandeln und ich mich dann durch diese andere Behandlung wohler fühle. Wobei das auch einfach ist, das zu internalisieren und als eigenen Wunsch zu definieren. Fühlt sich weniger nach diskriminierenden Strukturen an dann. Ändert aber nichts am gesellschaftlichen Zwang. Weiterlesen
Gewalt benennen oder Triggerwarnungen die Zweite
Ich habe lange nichts geschrieben. Das gefällt mir nicht. Ich habe immer Angst, wenn ich nicht Schreibe. Angst, wieder meine Sprache zu verlieren. Angst, dass es so ist wie in dieser langen Zeit bis zum letzten Sommer, wo ich mich so wortlos gefühlt habe. Sprechen ist so wichtig für mich. Das ist wie atmen. Ohne drohe ich zu ersticken. Tausend Themen schwirr(t)en mir im Kopf rum und dann schreibe ausgerechnet einen Text über Triggerwarnungen, obwohl ich doch über Homophobie, Beziehung_en und ganz viel mehr schreiben wollte. Beim letzten Mal schrieb ich dass ich das akzeptieren kann, wenn Personen Triggerwarnungen setzen, aber nicht selbst tun werde. Inzwischen sehe ich das ein wenig anders. Ich merke dass ich jedesmal sehr wütend werde, wenn ich Triggerwarnungen und „Splashing“ (also Sternchen statt Vokale) sehe. Und ich ich habe mich gefragt warum. Und warum jetzt. Mir fällt das doch schon lange immer wieder auf bei Texten. Und macht mich wütend. Beim Ansprechen habe ich das Gefühl es ist so wie: Oh interessante Perspektive – aber wir machen doch sicherheitshalber lieber weiter wie bisher. Weiterlesen
Anekdoten aus der Psychiatrie – Freundlichsein und Bäume knutschen
Vor Ewigkeiten wollte ich hier anfangen, Anekdoten aus der Psychiatrie zu erzählen. Absurditäten des klinischen und therapeutischen Alltags. Ich habe damit schnell aufgehört, weil ich beim Schreiben merkte, dass das irgendwie alles wenig lustig ist, sondern oft mit Beschneidung meiner Freiheit und Überschreitungen von Grenzen zu tun hatte. Das habe ich beim Schreiben dieses Textes auch wieder festgestellt. Wer nur den witzigen Teil haben will, scrollt einfach bis zur Achtsamkeit. Es geht mir in diesem Text darum, die Struktur einer Erfahrung aufzuzeigen.Das Problem sind nicht repressive Menschen dort, sondern ein sexistisch und konditionierendes System, das mit ganz subtilen Maßnahmen arbeitet – die sich erstmal wie helfen anfühlen. Überlegt euch ob ihr Bock habt das zu lesen, wenn ihr selbst Klinikerfahrungen habt und die für euch positiv bewertet. Ich dreh das hier alles um. Natürlich ziemlich viel Kackscheiße hinter den absurden Situationen. Aber kein Filmdrehbuch. Realität im 21. Jahrhundert, Deutschland. Und nun, Vorhang auf für die Reise durch Therapieordner grün: Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT). Macht euch gefasst auf Regelwerke, Beziehungstraining und esoterische Eskapaden. Kann manchmal Wut und Brechreiz auslösen.
Das Steinmädchen landet auf einem Berg im Nirgendwo.
In meinem Kopf sind Psychiatrien immer auf Bergen, am Besten in Wäldern. Bloß weit weg vom Rest der Gesellschaft. Erholungsgebiete und so. Oder Ausgrenzung, wer weiß das schon. Weiterlesen