Ich habe auf meinem Handy einige Dating Apps installiert. Ihr wisst schon, Pandemie und so – die Chance neue FrauenLesben rein zufällig zu treffen ist verschwindend gering. Auf Tinder und Okcupid habe ich verzichtet, um weder ehemaligen Studentinnen von mir noch meiner Ex-Freundin über den Weg zu laufen. Das Ergebnis dieser persönlichen Sozialstudie möchte ich euch nicht vorenthalten. Im Teil eins geht es um Probleme, die Typen verursachen. Das ist in der Tat sehr frustrierend, denn – neben vielen anderen Dingen – ist das schöne am lesbischen Daten doch, dass TYPEN DARIN NICHTS VERLOREN HABEN.
“Die dritte Person zu unserem Glück”
Auf sämtlichen Dating-Apps (Lex, die einzige textbasierte App, ausgenommen) passiert es immer wieder, dass eine durch die Bilder wischt und zack ist da plötzlich ein Typ hinter der Frau, die eigentlich ganz nett aussah. Das ist ein Phänomen, was nicht nur ich kenne. Eine Umfrage des Lesbian Her Story-Archiv ergab, dass 94 Prozent (!!!) der Befragten auf Dating-Apps schon Männer/Pärchen vorgeschlagen bekommen haben. Geht das heterosexuellen Frauen eigentlich auch so?
Manchmal sind sie beide direkt auf dem ersten Bild zu sehen, manchmal taucht erst auf der letzten Folie der Typ auf.
Was ist das für eine Idee dahinter?! Also wenn ich die Frau ganz hot finde, dann klar, ach, jetzt wo du nochmal fragst, vielleicht ist es doch ganz nett mit dem Typ dabei?!? Was zur Hölle denken sich Frauen dabei, die das unterstützen? Das nennt sich auch Misogynie. Ja, und ich sage bewusst nicht Homofeindlichkeit, weil die Einstellung, dass Frauen Männern sexuell zur Verfügung stehen müssen, in Frauenhass begründet ist.
Richtet ihr euch an Lesben, die LESBISCH sind, also NICHT auf Männer stehen?
Richtet ihr euch an Bi-Frauen, weil alle bisexuellen Frauen Dreier wollen?!?
Es gibt spezifische Seiten im Internet genau dafür, habt eure Dreier wann und wo auch immer ihr wollt, aber haut ab von lesbischen Dating-Apps.
Und ernsthaft, wenn ihr wirklich eine “dritte Person” sucht, dann fragt euch dochmal, was an eurer fucking Homofeindlichkeit dazu führt, dass euer Typ euch gerne mit einer Frau sehen will und nicht sich mit einem Mann, denn das wäre ja schwul. Ich kann auch verstehen, wenn welche nicht mit zwei Männern was wollen, ich will ja nicht einmal mit einem Typen was… Aber es geht doch darum, dass Männer sich von Männern bedroht fühlen und an Lesben sich aufgeilen können. Sie sollten sich doch lieber bedroht fühlen, weil sie völlig obsolet werden unter Lesben. Besser bedroht als angetörnt.
Lesbisch bis DER Richtige kommt
Bumble, eine Dating App, bei der bei heterosexuellen Beziehungen Männer Frauen nicht anschreiben können, sondern diese den ersten Schritt machen müssen nach einem Match. Das ersparrt bestimmt nervige Kontaktaufnahmen, außerdem muss der erste Kontakt innerhalb von 24 Stunden geschehen, das verhindert das ewige Nicht-Schreiben.
Doch Bumble hat ein fundamentales Problem: Mir werden ständig Männer vorgeschlagen. Nicht nur die üblichen (*kotzwürg*) Pärchen, sondern tatsächlich MÄNNER. Ich dachte, es ist ein Zufall. Wie auch im Offline-Leben folgt hier die Wahrnehmungsverdrehung durch patriarchale Strukturen: Das kann ja keine Absicht sein. Ich bin auch bis heute tatsächlich nicht sicher, ob es Absicht der Typen ist, oder ob es Absicht des Algorithmus ist. In beiden Fällen ist das Ergebnis massiv frauenlesbenfeindlich. Ich habe inzwischen beides im Verdacht: Da der Algorithmus so programmiert ist, dass er auch sonst sich (in Maßen!) über meine Kriterien wie Alters- und Radiusbegrenzungen hinwegsetzt und die Anzahl an Lesben und bisexuellen Frauen wohl einfach gering ist, gibt es eben auch eine Abweichung beim Geschlecht. Klar, ob ich jetzt eine Frau oder einen Typen date, dass ist doch ein genauso kleiner Unterschied, wie zwischen 29 und 31 Jahren. NOT.
Ansonsten gibt es einfach Männer, die damit gezielt an Lesben und bisexuelle Frauen kommen wollen.
Ich habe mich nach einigen Monaten an den Support gewandt. Dort bekam ich zuerst die Frage, ob ich denn meine Einstellungen überprüft hätte. (Ja. Fast jedes Mal wenn ich die App öffne.) Der zweite Versuch wurde beantwortet mit dem Hinweis, dass man ja nicht einfach vom Aussehen auf das Geschlecht schließen wolle. Da blieb mir nur der Mund offen stehen. Wenn es so viele trans Personen auf Bumble gäbe, wie ich Typen blockieren muss, sähe die Welt aber anders aus. (Bei der unfassbaren Menge an Typen, die mir vorgeschlagen werden, würde das bedeuten, dass Trans-Sein gesellschaftlich akzeptierter wäre als Typen, die sich beim Gedanken an Lesben einen runter holen – und ich fürchte, da sind wir noch nicht.) Wie dreist, unter so einem schein-emanzipatorischen Deckmantel einfach NICHTS unternehmen zu müssen.
Der Support verwies mich darauf, die Typen zu melden. Alle paar Tage bekam ich dann von Bumble-Safety folgende Nachricht: “Hallo XXX, Wir haben Mark, Sascha und Paul über die Einhaltung unserer Richtlinien gewarnt. Wenn sie erneut gemeldet werden, könnten sie von Bumble entfernt werden. Vielen Dank, dass du sie gemeldet hast und hilfst, dass Bumble ein sicherer Ort bleibt.” Alternativ steht im ersten Teil “Wir werden Emanuel, Mike, Alex, Mark, Sebastian und Mark im Blick behalten”. (Ja, ich hatte wirklich schon drei Marks.)
Und dann der Quatsch mit dem sicheren Ort, der Bumble für mich nie war und nie sein wird. Ich verstehe nicht, was Bumble mir damit sagen will, wenn es doch offensichtlich nicht so ist.
In einer Welt, in der es Typen gibt, die Frauen vergewaltigen, um ihnen zu “beweisen”, dass sie auf Männer stehen, ist das alles nicht so witzig, wie es den Anschein hat. Typen, die das extra machen, gehören nicht Im-Auge-Behalten, sondern rausgeworfen. Einen Algorithmus so zu programmieren, dass Männer auf Wunsch ausgeschlossen werden können, ist nicht so schwer. Ey, dieser ganze Computerkram basiert auf BINARITÄTEN, auf 0 und 1, das kann kein Versehen sein. Das passiert heterosexuellen Freundinnen doch auch nicht. Das ist Absicht.
Es ist wie ständig die Frage gestellt zu bekommen: “Bist du dir wirklich sicher?!”
Ja. Ich bin mir sicher. Ich begehre Frauen, manchmal noch Nicht-Binäre Personen. Mein Begehren ist weder flexibel noch fluide. Und ich möchte wirklich, wirklich keine Männer in meinem Dating-Leben. Weder Heiko, 52, noch Mark, 32, noch Alex, ein Freigeist mit Linie. Ganz, ganz sicher.
Bei Teil 2 geht es etwas weniger deprimierend weiter – Traumfrauen, Sternzeichen und andere lesbische Dinge, garantiert auch Zur-Verzweiflung-Bringend – aber ohne Typen. Versprochen.