dies ist wohl mein wütenster text zu triggerwarnungen, vielleicht mein spitzester, aber es ist auch mein dritter. sicherlich wiederhole ich einiges. aber ich fühle mich ungehört, nicht ernstgenommen, meine kritik relativiert und in ein schema gedrängt, dass mich aggro macht, weil es viel zu eng ist.
um gleich zu beginn klar zu sein, weil das oft verloren geht: ich weiß sehr gerne worum es in texten, filmen, bildern geht. ich bin, wie schön öfter geäußert, ein großer fan von aussagekräftigen überschriften. da steckt nämlich keine erwartungshaltung und kein gesellschaftliches gewaltsam schützen system hinter, sondern einfach eine information. aufgrund dieser information kann ich entscheiden ob ich einen text lesen will oder nicht. weils mich triggern könnte, weil ich etwas anstrengend finde oder vielleicht auch einfach nur gerade kein bock habe etwas zu einem bestimmten thema zu lesen. über einem text der heißt: „frau vergewaltigt“ braucht ich keine triggerwarnung „sexualisierte gewalt“. also – ich habe nichts dagegen, dass wir alle informiert entscheiden können, was wir lesen wollen und was nicht, im gegenteil. also hört bitte auf so zu tun, als würde ich diejenigen, die triggerwarnungen befürworten, ins kalte wasser stoßen wollen oder gar personen verurteilen, die gerne wissen wollen, worum es in einem text geht weil sie informierte entscheidungen bevorzugen.
rücksichtslos und gemein
es wird immer so getan, als wäre ja nichts dabei triggerwarnungen zu setzen, als wäre das einfach nur „rücksichtsnahme“ und daher perse immer gut. alleine die idee, dass „rücksichtsnahme“ und „vorsicht“ nötig sind, enthält so einen berg von gesellschaftlichen stereotypen und vorannahmen, dass es mir manchmal den atem verschlägt.
aber wenn ich mich gegen triggerwarnungen positioniere, bin ich die „fiese“, die „rücksichtslose“, die einfach grenzen nicht akzeptiert, nicht weiß was das heißt wenn menschen getriggert werden, die abelistisch ist, schwäche nicht akzeptiert, permanent nur „stärke“ propagiert und umgänge und bedürfnisse nicht akzeptiert.
das und noch viel mehr habe ich alles schonmal an den kopf geworfen bekomme wenn ich sage: ich finde triggerwarnungen scheiße. und nein, ich finde sie auch nicht „ein bisschen okay“. ich verstehe diese position, aber ich teile sie nicht. ich verstehe auch die positionierung für triggerwarnungen, aber ich teile sie nicht.
oft wird mit bedürfnissen argumentiert. solange es leute gibt, die triggerwarnungen brauchen, wäre es wichtig, dieses bedürfnis zu akzeptieren. das mit dem setzen von triggerwarnungen die bedürfnisse derer ignoriert werden, die nicht permanent daran erinnert werden wollen, dass sie auf grund einer bestimmten erfahrung so und so auf gewisse explizite beschreibungen reagieren sollten, die keine lust haben, permanent einer gruppe zugeordnet zu werden, die irgendwie „betroffen“ ist und daher „rücksicht“ braucht.
achtung, gefahr!
ich kann triggerwarnungen nicht nur individuell betrachten sondern brauche einen kontext von umgang mit gewalt. ich verstehe, dass sie für manche wichtig sind, doch ich frage mich dann manchmal, warum muss es eine triggerwarnung sein? warum wird nicht information gefordert, sondern explizit eine triggerwarung. da steckt sowohl warnung und trigger drin,. trigger ist inzwischen ein psychopathologischer begriff und finde ich aus antipsychiatrischer perspektive schwierig. kombiniert mit „warnung“ bedeutet das „gefahr“. also andere entscheiden, was für gewaltbetroffene „gefährlich“ ist. ganz großes kino.
aber zurück zur warnung und den triggern. trigger bedeuten in dieser logik ebenfalls immer gefahr. und dass ich das jetzt in frage stelle, löst dann offenbar bei anderen das bedürfnis aus, mir vor den kopf zu werfen, ich wüsste ja nur einfach nicht wie sich das anfühlt. again and again: trigger können alles sein. und nein, eine explizite gewaltbeschreibung heißt nicht, dass das perse triggert. ein text, in dem explizit vergewaltigung benannt wird und vielleicht auch genau thematisiert, kann ganz viele eigene gefühle lostreten, klar. aber vielleicht ist es auch für eine person das erste mal, dass sie diese gefühle merkt, dass sie sich bewusst macht: scheiße man, das war gewalt was dann und dann passiert ist. klar tut das weh! aber das kann eben auch der erste schritt sein, sich eigenem erleben zu stellen.
trigger wird immer nur als etwas abwertendes verwendet, was aus dem nichts ganz schreckliche flashbacks auslöst und gefühle, die kaum ertragbar sind. aber wisst ihr was? die gewalt ist auch überlebt. das ist alles verdammt scheiße weil diese welt so verdammt scheiße und brutal ist, aber davor schützt keine einzige triggerwarnung. und getriggert werden muss nicht das schlimmste auf der welt sein, so kack schmerzhaft das auch ist – es kann eben auch klarheit schaffen. nicht für alle, aber eben auch – und ich würde gerne haben, das auch in der feministischen bloggossphäre diese personen auch gehört werden würden.
getriggert zu werden oder nicht bedeutet nicht, irgendwer hat die größeren verletzungen, den größeren schmerz, braucht mehr rücksichtsnahme. verletzt wurden wir vermutlich alle nicht zu wenig. und dementsprechend vielfältig sind die umgänge.
aber genau. triggerwarnungen enthalten keine implikationen sondern sind „einfach nur“ eine nette hilfe – das sehe ich nicht so, weder darin wie und wann sie gesetzt werden, noch darin, wie mit einer ablehnung dessen umgegangen wird.
es werden immer mal wieder einige alternativen genannt, ich greife sie hier kurz auf: content-warning (cw) bleibt bei dem begriff der warnung. content-note (cn) versucht die seit langem gebrachten kritiken umzusetzen in eine einfache information. mir ist das persönlich zu sehr assoziiert mit dem ganzen triggerkram, aber politische habe ich daran nicht dieselben kritiken. denke ich jetzt aktuell, aber das habe ich noch nicht weiter durchdacht.
weibliche sozialisation
mir wird als nicht-setzerin von triggerwarnungen immer dann, wenn eben das kritisiert wird, vorgeworfen, dass ich nicht vorrausahne, was das, was ich schreibe mit anderen macht. dass ich nicht vorausahne, dass ein text jemand anders weh tut. dass ich mich nicht genug hineinversetze in andere. weibliche sozialisation anyone? diese forderung werde ich niemals als legitim betrachten, nicht nach einem jahrzehntelangen kampf, nicht vor jeder handlung, vor jedem satz immer erst zu überlegen, was das mit der anderen person machen könnte.
das müsste ich als frau ™ nämlich unbedingt vorher wissen. und in meine handlungen einplanen. wo kämen wir denn dahin, wenn ich dann gar noch von gewalt erzählen würde, ohne alle vorher tausendmal zu fragen ob das wirklich okay ist und ob ich wirklich so explizit sein darf, wie die scheiß-wirklichkeit ist.
aber klar darf ich das beim schreiben sein, höre ich den einwand. nur eine triggerwarnung wäre nett! ich bin nicht nett, ich war lange genug nett, ich will nicht mehr nett sein und ich werde auch nicht in feministischen kreisen nett sein, ich werde überhaupt nichts mehr aus nettigkeit tun. ich kann darauf in nahbeziehungen rücksicht nehmen wenn ich weiß, hey, diese bettwäschenfarbe macht peng, dann kann ich das lassen. ich kann das nicht im internet, denn das internet ist ein öffentlicher raum, da gibt es für mich keine zweierabsprachen sondern politische entscheidungen, sorry.
ich setze meine grenzen selbst und erwarte auch von anderen, dass sie ihre grenzen setzen, denn ich werde sie nicht erraten. und ich werde nicht die bedürfnisse der personen, die von expliziten beschreibungen getriggert werden, über die bedürfnis derer setzen, die dadurch getriggert werden, immer wieder an ihre ohnmacht und ihre angebliche unfähigkeit grenzen zu setzen erinnert werden. denn das ist eine reproduktion von sexistischer sozialisation, von der vorstellung davon, dass gewaltbeschreibungen für gewaltbetroffene erstmal wahrscheinlicher unerträglich sind. es gilt als wahrscheinlich, dass genaue beschreibungen triggern. und das ist eine vorannahme, die reproduziert, dass gewaltbetroffene als schwach eingeordnet werden – was sie niemals sind, egal wie oft das wiederholt wird.
trigger triggerwarnung
das meine gegnerinnenschaft zu triggerwarnungen so viele grundannahmen darüber lostritt wie ich bin, was ich erlebt habe, wie ich reagiere, wie viel „stärke“ ich forder und womit ich zu kämpfen habe – das ist ein ganz großes teil des problems. das fiese an der ganzen nummer ist, das ich letztendlich aus jeder diskussion nur als die rücksichtlose mistkuh rauskommen kann. um auch nur die kleinste legitimation darin zu erhalten, müsste ich mich erstmal als von irgendwas betroffen outen – und auch dann bleiben die zweifel, ob es denn wirklich so schlimm sein könne, wenn eine doch so „stark“ damit umgeht. der person, die diese warnungen braucht geht es ergo schlechter, braucht ergo mehr rücksicht. das ist sehr runtergebrochen, aber das ist das, was triggerwarnungen eben auslösen können. wie oft ich inzwischen den satz „triggerwarnungen triggern mich“ gehört habe, weiß ich gar nicht mehr. ich weiß dass “wir uns” da alle nicht so schnell einig werden – aber triggerwarnungen zu lesen kann wut, kann hilflosigkeit auslösen. sie können wieder mal deutlich machen, wie diese welt funktioniert, und dazu beitragen, dass sprechen über gewalt mit weiteren (eventuell vertrauten) schranken belegt wird. also hört auf so zu tun, als hätte das alles nur für diejenigen konsequenzen, die triggerwarnungen gerne hätten.
Meine alten Texte zum Thema, da geht es dann noch ums Worte splashen, um Benennung von Gewalt, um Sprache, um Schutzfragen, um Annahmen, um Ein – und Ausschlüsse, und die Frage, was denn nun Trigger sind:
Der zweite zum Thema Gewalt benennen
Der erste, noch nicht ganz so klar positioniert
und ein spitzer, aber meiner meinung nach im zynimus treffender text auf bluespunk:
It’s about consent! Oder: Warum ich Triggerwarnungen als Konzept extrem überarbeitungswürdig finde
ein riesen dank für den rant!
“das fiese an der ganzen nummer ist, das ich letztendlich aus jeder diskussion nur als die rücksichtlose mistkuh rauskommen kann”
ich erweitere jetzt das thema:
ich hab neulich die erfahrung in einer “nahbeziehung” gemacht, dass wenn ich mich verweigere “rücksicht” auf einen trigger zu nehmen, weil das eingehen auf den trigger mein leben auf einer für mich unakzeptabler art und weise eingeschränkt hätte, dass ich zu hören bekomme, dass ich rücksichtslos und unfeministisch sei.
das heisst, die bitte an mich irgendetwas nicht zu tun, durfte ich eigentlich nicht mit einem nein antworten. DAS finde ich unfeministisch, wenn nicht schon gewaltvoll.
und eigentlich finde ich, müsste ich mich nicht dafür erklären, warum ich keine “rücksicht” auf den trigger nehmen wollte. aber nicht mal hier (in einem für mich halbwegs sichereren raum) schaffe ich es, es nicht zu tun. der druck wirkt.
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so sehr das. danke dafür.
auch kommen mir triggerwarnungen manchmal vor wie eine art macht aneignung. moralisch aufgeladen und dafür eingesetzt, entgegenstehende bedürfnisse nichtig zu machen. zum beispiel: “du kannst dieses bild nicht hier aufhängen weil es mich triggert”.
dass das aufhängen dieses bildes aber für die andere person wichtiges empowerment bedeuten kann, wird dabei übergangen. also eigentlich steht ein bedürfnis gegen ein anderes. aber durch dass das wort “trigger”, bekommt es gleich so etwas moralisch richtiges, gegen das mensch sich gar nicht mehr wehren kann ohne eine rücksichtslose mistkuh zu sein. und ein echtes gespräch wird dann unmöglich…
Ich finde das mit dem Bedürfnis gegen Bedürfnis einen wichtigen Punkt. Ich würde zustimmen,wir brauchen einfach mehr andere Wege,um mit so gegenläufigen Bedürfnissen umzugehen- ohne dabei zu hierarchisieren. Was,da stimme ich auch zu,durch triggerwarnungen zu sehr passiert.
ja auf jeden fall ein wichtiger punkt! ich finde, dass ein_e sich mit dem schlagwort “trigger” oft viel nimmt, wenn das genutzt wird um ein bedürfnis absolut zu setzen. z.b. auch den prozess, der eins dazu befähigt, mit einer bestimmten verhaltensweise (die triggernd ist, aber nicht gewaltförmig) umgehen zu lernen. oder aber eben den prozess, der ein_e dazu befähigt, zu sagen (und vorher auch für sich klar zu kriegen), warum das verhalten gewaltförmig ist und warum ein_e sich das in der form nicht bieten lassen will. das kann ein durchaus schmerzhafter prozess sein, sogar wenns am ende gut ausgeht. aber im gegensatz zur statischen zuschreibung (ich bin traumatisiert, also triggert mich das, punkt) … eben ein bewegliches.
schon alleine worte zu finden, die jenseits der psychologischen formalsprache sind kann einfach so lohnend sein.
damit will ich nicht sagen, dass ein_e sich immer alles geben muss was grade das leben so vorbei spült, bevor das nun wieder jemand behauptet. 😉
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Endlich sagt es mal eine!
Ich kann zwar die obigen kommentare nicht ganz nachvollziehen, aber auch ich habe mich schon oft über leute geärgert, die sich z.b. mit triggerwarnungen als beschützer_innen von betroffenen aufspielen, ohne sich einmal zu fragen, ob ihr verhalten eigentlich angemessen oder erwünscht ist.
Bitte weiterranten!
ugh. dieser text hätte selbst einer tw bedürft.
ich nehme das mal als ironie 🙂
Danke! Das war ein sehr wichtiger Text. Ich habe mich zum ersten Mal damit auseinandergesetzt, dass TW vielleicht nicht sinnvoll sind….eigentlich habe ich mich vorher nicht wirklich damit auseinandergesetzt, sondern bin immer von ihrer Sinnhaftigkeit ausgegangen (und habe mich mit Empfehlungen nicht zurückgehalten). Wirklich vielen Dank für den Denkanstoß!
Hm, dass deine Rechtfertigung darin resultieren würde hätte ich nicht gedacht.
Dein Aufsatz, wie du dich über die Terminologie aufregst macht einfach keinen Sinn.
Entweder, du bist betroffen, hast deine Trigger und nutzt die Warnungen, oder du hast sie nicht, aber dann betreffen sie dich auch nicht, so who cares.
Du denkst wirklich, dass jemand, der Gefahr läuft, getriggert zu werden denkt “hey, hoffentlich schreiben die nicht ‘trigger’ und ‘warnung’ weil mich das so sehr zum opfer macht und herabsetzt”
hast du wirklich mal erlebt, wie jemand getriggert wurde? Hast du eine Vorstellung davon, was in dem Moment in deren Köpfen zurückkommen muss, sodass sie zusammenbrechen und kaum mehr atmen können?
Schau dir das Video mal an. komplett, ohne zu spulen. Hier beschreibt ein Vergewaltigungsopfer von Sam Pepper den Hergang im Detail. https://www.youtube.com/watch?v=8vIh2-q0NTs
Letztendlich läuft es doch bei dir in fast jedem Absatz aufs selbe hinaus, dann gibst du immer wieder zu, dass das obige nur herumgewürmel ist
“Jeder hatte es schwer im Leben, die Welt ist schlecht, ich bin auch nicht nett, suck it up”
Was nichts anderes ist als “ich bin halt asozial, aber stolz darauf! Rücksichtnahme ist mir zu kompliziert!”
wow. *slow clap*
Also, such es dir aus, entweder es is dir scheissegal, ob menschen getriggert werden, oder du sorgst dich furchtbar darum, dass ihnen die Wortwahl unangenehm sein könnte.
a) muss ich mir keine videos angucken um was zu beweisen.
b) habe ich dir gegenüber keien outing-zwang.
c) großartige sprachwortwahl “asozial”
d) getriggert werden kann scheiße sein, muss es nicht immer – auch wenn es sich furchtbar anfühlt, siehe text. es kann auch eine auseinandersetzung lostreten die nicht für alle völlig scheiße ist.
e)ich rechtfertige mich nicht, ich fordere ein
f)rücksichtsnahme oder paternalismus? das ist hier die frage.
*slow clap back*
und was ist das für eine absolute scheiß annahme : “Entweder, du bist betroffen, hast deine Trigger und nutzt die Warnungen, oder du hast sie nicht, aber dann betreffen sie dich auch nicht, so who cares.” so viel zu who cares.
Hmmmm. Ich bin mir ein bisschen unsicher, worum es dir genau geht, ehrlich gesagt. Ich kenne Trigger Warnings vor allem aus der Fanfiction und da vorwiegend als Information, die pornographischen Texten vorangestellt ist, um Vorlieben und No-Gos zu deklarieren. Das scheint mir ein echt gutes Konzept zu sein und ich sehe kein Problem, das Prinzip auf andere kulturelle Produkte zu übertragen. Ob man es nun TriggerWarning, ContentWarning oder was auch immer nennt, das ist IMO eine andere Diskussion. Sicherlich auch eine berechtigte, aber ich konnte jetzt erkennen, dass es dir spezifisch darum geht. Und was die Warnung angeht… Ich meine, es ist doch nachvollziehbar, dass man vielleicht nicht immer in der Stimmung ist, sich mit seinen schlechten Erfahrungen auseinanderzusetzen. Und im Gegensatz zu (im weiteren Sinne) theoretischen Texten, ist einem fiktiven Produkt wie einem Buch oder einem Film eben nicht sofort anzusehen, was es an Thematiken beinhaltet und ob es mal wieder sexistische Versatzstücke A-F abhandelt oder eben nicht.
hey du, den kontext kenne ich noch nicht lange. aber ich bin ja, wie schon im text geschrieben, nicht dagegen kenntlich zu machen, worum es in einem text geht. es geht mir auf der einen seite tatsächlich um das triggern und das warnung, und aber auch um paternalistische grundannahmen die dem zu grunde liegen. mich stört einfach, dass das nur unter “rücksichtsnahme” läuft und nicht mehr geguckt wird, was da eben für systeme auch hinterstecken.
meistens werden diese warnungen ja – jedenfalls da wo ich mich bewege – nicht vor fiktionale texte gesetzt. auch da fände ich einen inhaltshinweis praktischer.
zu deiner antwort an najo:
es ist paternalistisch den triggernden inhalt als sozusagen therapie für die betroffenen zu verstehen, die halt eben eine auseinandersetzung “lostreten” sollen und denen man den inhalt deshalb sozusagen selbstbewusst vor die nase knallen darf. das ist einfach brutalitätsdiskurs und hat nichts mit (antipaternalistischer) selbstbestimmung (allfälliger betroffener) zu tun (d) widerspricht f)).
ergo, betroffene sollen selber entscheiden können, wann sie sich damit auseinandersetzen wollen.
also die antwort zur frage f): es ist rücksichtnahme.
es ist nicht dasgleiche, getriggert zu werden, wie gewalt direkt zu erleben, auch wenn sich das gleich anfühlen kann. aber es ist nicht daselbe.
und es geht mir auch nicht darum zu sagen, yay, leute, lasst euch fröhlich durch die gegend triggern, voll gut für euch! ich habe nur gesagt, dass mir diese grundsätzliche negative bewertung von getriggert werden auf die nerven geht, weil es eben nicht immer nur negativ sein kann.
niemand knallt texte vor die nase und zwingt eine person, den unbedingt zu lesen, das wäre richtig scheiße. aber manchmal wirkt es so, als würde ohne tw heißen, genau das zu tun: alle ganz zwangsläufig in einen tiefen abgrund stürzen, die von – was auch immer – betroffen sind.
schau du dir selber mal die systeme an, die hinter deiner argumentation stecken.
wenn sich die seite, gegen die sich eine minderheit ursprünglich behaupten wollte, plötzlich selber als verfolgte minderheit ausgibt.
wenn der verweichlichungsdiskurs eingeschlagen wird.
wenn der status quo verteidigt wird und emanzipatorische bemühungen diskreditiert und lächerlich gemacht werden.
wenn die selbstverantwortungsrhetorik angeschlagen wird.
…dann hat man sich wohl endgültig bei den rechten verirrt.
?!?! gegen welche seite gegen wen sich welche seite behauptet? das ergibt sowas von NULL Sinn, außer du stellst dich hin und behauptest, alle die gegen Triggerwarnungen sind, wurden überhaupt nie verletzt und kümmern sich auch nicht um die Auswirkungen von Gewalt. Dreiste, unverschämte Kackscheiße, die ich nicht noch ein weiteres Mal freischalten will. Deine Verfolgungsrethorik ist von einem anderen Stern, und punkto Emanzipation haben wir DEFINITIV ein anderes Verständnis davon, was gerade Emanzipation vom Patriarchat bedeutet.
Ich schlag mich hier noch mal auf steinmädchens seite!
Worum es grundsätzlich geht, ist doch eigentlich, dass sie gesagt hat triggerwarnungen seien nicht sinnvoll, und dass es eine bewegung gibt, die sagt, triggerwarnunen seien nicht nur sinnvoll, sondern sogar unerlässlich. Teilweise gehen die argumentationen soweit, dass behauptet wird wer keine triggerwarnungen setzt sei politisch inakzeptabel und manchmal werden dem noch seltsame beschimpfungen oder unterstellungen hinzugefügt.
Diese argumentationen klingen immer so, als wären die opfer von sexuellem missbrauch eine homogene gruppe mit genau gleichen bedürfnissen, die alle auf dieselbe art mit ihren erlebnissen umgehen. Das stimmt aber eben nicht – natürlich nicht, diese gruppe ist ja riesengroß. Es mag ja sein, dass es missbrauchsopfer gibt, die triggerwarungen gut finden. Ich habe noch niemanden davon getroffen, aber ich will nicht abstreiten dass es diese gruppe geben kann. Es gibt aber eben auch menschen, die missbrauchserfahrungen gemacht haben und trotzdem triggerwarnungen doof finden. Und jetzt komme bitte niemand, das irgendwie aufzurechnen oder rückschlüsse zu ziehen und zu behaupten, wer triggerwarnungen nicht möge, könne “nichts so schlimmes erlebt haben” oder “sich da nicht reindenken” oder ähnliches. Die erfahrungen anderer leute bewerten zu wollen, geht gar nicht, punkt.
Ich persönlich empfinde das übrigens genauso, wie steinmädchen das oben geschildert hat: Wenn über einem artikel steht “neuester bericht zum vergewaltigungsfall in indien”, “kachelmann wieder auf freiem fuß” oder “zum umgang mit übergriffigem verhalten in linken zentren”, dann ist mir klar, dass der artikel ein potentieller trigger ist. Und je nach tagesform und laune – ich fühle mich nicht immer gleich stark – lese ich das dann oder lege es bewusst zur seite. An tagen, wo ich mich am wenigsten stark fühle, genügt die überschrift allein, damit es mir schlecht geht. Und es wird kein bisschen besser davon, dass dann unter der überschrift noch steht: “achtung! in diesem text geht es um sexuelle gewalt!”
Jedenfalls, an die leute hier die triggerwarnungen so glühend verteidigen: bitte achtet darauf, nur für euch selbst und menschen, die ihr kennt, zu sprechen. In dem moment, in dem ihr sagt, triggerwarnungen seien eine notwendige schutzmaßnahme für alle betroffenen und ein kennzeichen für die awareness der_des autor_in eines textes, wirkt es wirklich nur noch, als wolltet ihr euch wichtig machen. Steckt eure energie in sinnvolle aktionen.
danke dafür. genau das.
ich finde es krass, dass hier im prinzip von der intention her betroffenenfreundliche menschen (weil triggerwarnung!) dermaßenen rechtfertigungsdruck aufbauen dafür, eine bestimmte von ihrer abweichende position zum umgang mit gewalterfahrungen und möglicher innerer not zu haben. das wirft für mich auch zum wiederholten mal die frage auf, ob es in einer diskussion (z.b. mit dir, ena) wirklich etwas bringen würde, sich als betroffene(tm) zu outen. verleiht das dann einen gewissen status, von dem aus eins dann reden darf? und darf eins DANN endlich abweichen vom vorgegebenen diskurs – betroffenheit als titel, geständnis reicht zur vorraussetzung? oder muss ich weiter ein bestimmtes bild erfüllen, um als betroffene zu passen?
irgendwie fehlt mir hier noch eine kritik am im text propagierten heroismus, mit dem ich mich leider wirklich nicht anfreunden kann – dass elend klüger mache ist wohl allenfalls in ausnahmefällen wahr (panik macht doch va kaputt?), taugt aber herrlich gut als rechtfertigung, sozialabbau zu betreiben (und wird zb gern als standardargument kontra bge verwendet), weshalb mir die tendenz, panik als erkenntnisinstrument zu denken schlicht zu anschlussfähig ist (und in meinen ohren ausserdem zu sehr wie eine romantifizierung von schmerzen klingt. ich mag die utopie einer komplett schmerzbefreiten welt besser und setze mich lieber für verweichlichung ein und erkenntnis ohne weh und setze tags (weil die ausser lieb auch furchtbar praktisch sind)).
hm, dann habe ich mich wohl etwas missverständlich ausgedrückt. es geht mir nicht um irgendeinen heroismus oder ein “sei stark” oder ein “nutze jeden trigger produktiv” sondern ein sichtbar machen davon, dass die gängige erzählung halt einfach nur eine ist, die noch dazu sehr dominant ist, und allen, die nicht so reagieren und andere umgänge pflegen abgesprochen wird, verletzt worden zu sein oder bestimmte erfahrungen gemacht zu haben. siehe hier die kommentare.
ich beweg mich ja massiv mehr in der us-tumblr blogosphäre (in der tws oft als tags gehandhabt werden, die ja ansich praktisch sind, da eins tags vom standardstream verbannen und sich bei lust (oder zb wenn eins gerade zeit hat, sich triggern zu lassen) dem horror widmen kann) und bin noch immer schockiert wegen jack halberstams ausfall, der natürlich professor ist und entsprechend eine machtposition besetzt (und die stu_dentinnen forderung tw zu einem administrativen zwang verdreht) und zt ähnliche argumente ins feld führt wie hier in text und thread und viel zustimmung erfahren hat, was zur folge hat, dass mir die forderung nach tws (innerhalb der gesamtlinken usw gilt das glaubs auch im deutschen raum) weiterhin als minderheitenposition erscheint (tws wirken ev nur deshalb wie mainstream, weil wir in der blase leben?)
(und zu allem überfluss setze ich mich zu oft mit rechten argumentationen auseinander, was mir allerlei argumentationsstrukturen komplett und für immer verdorben hat und macht, dass mir die anti-tw begründungen hier im thread teils sehr negativ aufgestossen sind, zb bluespunk, der das “bitte respektier doch meine andere meinung”-argument benutzt (das ua symmetrie der positionen suggeriert, während das problem bei tws doch ist, dass die positionen sehr asymmetrisch sind, da einmal ein entgegenkommen verlangt/benötigt wird (übrigens oft auch von menschs, die nicht im geringsten als schwach zu bezeichnen wären, aber eben ptsd haben), im anderen fall nicht (dh mein argument für tws läuft darauf hinaus, dass es reicht, wenn ein einziges mensch tw verlangt, uns zu diesem entgegenkommen zu verpflichten, da gute politik gar keine menschen opfern darf (ausserdem glaube ich, dass eins tws auch ohne sich der von dir problematisierten verstrickungen schuldig zu machen verlangen kann).